31.12.2014: Zweimal an Silvester zum Knast in Berlin

Am letzten Tag des Jahres gab es in Berlin wieder zwei lautstarke Demos unter dem Motto “Silvester zum Knast“. Mit den Demos soll die Unversöhnlichkeit mit der Knastgesellschaft und den herrschenden Verhältnissen zum Ausdruck gebracht werden und die Solidarität mit all denjenigen, die in den Knästen und den anderen Orten der Einsperrung festgehalten werden, auf die Straße getragen werden.

In den Nachmittagsstunden ging es diesmal zur JVA für Frauen im Bezirk Pankow. Es kamen um die 200 solidarische Personen. In den Redebeiträgen wurde die in Pankow inhaftierte linke türkische Aktivistin Gülaferit Ünsal thematisiert, sowie die Festnahme des in Freiburg untergetauchten Basken Tomás Elgorriaga und das Verfahren wegen der angeblichen Bildung einer kriminellen Vereinigung unter dem Paragraphen 129 in Berlin, Stuttgart und Magdeburg.
Es wurden viele Parolen auf Deutsch, Türkisch und Englisch skandiert, die sich für die Freilassung aller Gefangenen richteten, sowie gegen die repressiven Maßnahmen gegen Flüchtlinge und politisch organisierten Menschen.

Am Abend lief die Demo, wie schon seit vielen Jahren, zum U-Haftknast in Moabit, es kamen mehr als 500 Personen. Unter anderem wurden in den Beiträgen die Verhaftung von Bernhard Heidbreder, dem vorgeworfen wird zusammen mit zwei weiteren Personen vor fast 20 Jahren in einer militanten Gruppe der Linken, dem K.O.M.I.T.E.E., aktiv gewesen zu sein, thematisiert. Auch gab es einen Beitrag zu der Verhaftung von 11 AnarchistInnen in Barcelona, denen Bildung einer terroristischen Gruppe vorgeworfen wird, von denen zur Zeit sieben in U-Haft sitzen. Auch angesichts des Todestages von Dennis “Jockel”, der durch die Bullen in der Silvesternacht 2008 ermordet wurde, wurden Parolen in Erinnerung an ihn skandiert. Ebenfalls in Erinnerung an Oury Jalloh, der am 7. Januar 2005 in Dessau in einer Bullenwache ermordet wurde, gab es Parolen.
Bei der Kundgebung vor dem Knast wurden wieder unzählige Raketen in Richtung der Knastmauern geschickt, um damit den Gefangenen zu zeigen, dass wir wegen ihnen da sind, das sie nicht alleine sind und das der erste Schritt für eine Gesellschaft ohne Gefängnisse, Ausbeutung, Diskriminierung, Gewalt und Unterdrückung mit der Solidarität und gegenseitiger Hilfe beginnt.
Am Abend nervten die “Ordnungshüter” mit penetranten Vorkontrollen, die zur Demo kommenden. Bei der Abschusskundgebung zeigten sie wieder einmal warum wir jedes Jahr auf die Strasse gehen gegen diese Knastgesellschaft und in Ablehnung der bestehenden Verhältnisse. Die Bullen nahmen mehrere Personen in Gewahrsam und prügelten sich dafür schonungslos den Weg frei.

Freiheit für Alle!
Für die Anarchie!
Fire to the prisons!

veröffentlicht aufhttp://www.abc-berlin.net/berlin-zweimal-an-silvester-zum-knast

hier der gehaltene Redebeitrag:

FREIHEIT FÜR BERNHARD HEIDBREDER!
Keine Auslieferung nach Deutschland!

Am 11. Juli 2014 wurde Bernhard Heidbreder von venezolanischen Sicherheitskräften in Mérida/Venezuela festgenommen. Deutsche Sicherheitsbehörden suchen ihn seit fast 20 Jahren, weil sie ihn verdächtigen an zwei Anschlägen der Gruppe Das K.O.M.I.T.E.E. beteiligt gewesen zu sein. Der deutsche Staat hat seine Auslieferung beantragt – diese gilt es zu verhindern. Bernhard selber will in Venezuela bleiben.

Eine zwanzig Jahre alte Geschichte – aber genau so aktuell wie damals

Die Aktion des K.O.M.I.T.E.E. am 27.10.1994 auf ein leerstehendes Gebäude der Bundeswehr in Bad Freienwalde richtete sich gegen die repressive Parteinahme (z.b. die massiven Rüstungsexporte an die Türkei, das Verbot der PKK in Deutschland) gegen den kurdischen Befreiungskampf und griff diese praktisch und in ihrer Erklärung an: Deutschland ist „Kriegspartei im Völkermord in Kurdistan (…) – militärisch, ökonomisch, politisch“.

Der geplante Anschlag im April 1995 auf den zukünftigen Abschiebeknast Berlin-Grünau reihte sich ein in den Protest gegen die deutsche Abschottungs- und Abschiebepolitik gegen Geflüchtete aus aller Welt. Im August 1992 gipfelte die sog. „Asyl-Debatte“ in einem mehrtägigen Pogrom gegen Geflüchtete und vietnamesische Vertragsarbeiter_innen in Rostock-Lichtenhagen. Auf dieses gesellschaftliche Klima reagierte der Bundestag mit einer Grundgesetzänderung, mit der das Grundrecht auf Asyl soweit ausgehöhlt wurde, dass man von einer faktischen Abschaffung sprechen kann. Gegen die rassistischen Angriffe und die Abschottungs- und Abschiebepolitik der deutschen Regierung gab es seit Jahren Widerstand verschiedener politischer Gruppen, von Kirchengemeinden bis zu militantem Widerstand.

Das K.O.M.I.T.E.E. wollte sich nicht mit einer symbolischen Aktion begnügen. Es ging darum, den im Umbau befindlichen, leerstehenden Abschiebeknast zu zerstören. Zu der geplanten Sprengung des Gebäudes ist es jedoch leider nicht gekommen.

Bernhard, Thomas und Peter werden aber seitdem aufgrund von Indizien beschuldigt, Mitglieder der Gruppe Das K.O.M.I.T.E.E. gewesen zu sein.
Das K.O.M.I.T.E.E. löste sich im September 1995 auf. An der Aktualität der Themen, die die Gruppe mit ihren zwei Aktionen aufgegriffen hat, hat sich bis heute nichts geändert: Das PKK-Verbot und die Repression gegen sie existieren weiter. Die brutale Abschottungspolitik gegen Geflüchtete hat seit dem Jahr 2000 allein an den EU-Außengrenzen zu (laut UNHCR) geschätzten 23.000 Toten und Vermissten geführt.

Bernhard braucht unsere Solidarität!
Bernhard und die beiden anderen Beschuldigten haben sich der deutschen Justiz entzogen. Alle Drei konnten damals, vor fast 20 Jahren, abtauchen und anderswo ein neues Leben beginnen. Bernhard ist seiner Haltung treu geblieben: Er ist ein aktiver Linker, der sich in Venezuela seit Jahren in der Basisbewegung engagiert.

NUTZEN WIR ALLE MITTEL UND WEGE, UM SEINE AUSLIEFERUNG ZU VERHINDERN!
FREIHEIT FÜR BERNHARD! NO PASARAN! Venceremos!
SOLIDARISCHE GRÜSSE AN THOMAS UND PETER –
WO IMMER IHR AUCH SEID – PASST AUF EUCH AUF!