An diesem Wochenende sind 20 Jahre vergangen seitdem die Gruppe „Das K.O.M.I.T.E.E.“ am 11.04.1995 versuchte, die Baustelle des Abschiebegefängnisses in Berlin-Grünau zu sprengen. Zuvor hatte die Gruppe schon 1994 einen Brandanschlag auf ein Bundeswehrgebäude in Bad Freienwalde (Brandenburg) verübt.
In den seit damals verstrichenen Jahren und besonders seit der Verhaftung von Bernhard Heidbreder in Venezuela im Juli 2014 wurde immer wieder die Frage gestellt, wann wohl Verfolgungsverjährung für die Anschläge von 1994 und 1995 eintritt, die Fahndung nach den drei angeblichen Mitbeteiligten Bernhard, Thomas und Peter eingestellt und sie – wenn sie denn wollten – ungefährdet nach Deutschland kommen könnten. Über die Aufregung der letzten Wochen um das Gerichtsverfahren in Venezuela und Bernhards bevorstehende Freilassung haben wir fast übersehen, dass wir und so manche anderen die Hoffnung hatten, im April 2015 ein Ende der Verfolgung zu erleben. Aber ist es wirklich so?
Die Verfolgungsverjährung ist, verkürzt dargestellt, im Strafgesetzbuch (StGB) so geregelt: Die Zeitdauer bis zur Verjährung eines Tatvorwurfs hängt von der Höchststrafe ab, die ein Gericht für die Tat verhängen kann. Durch bestimmte juristische („strafprozessuale”) Maßnahmen kann diese Zeitdauer verlängert werden, und zwar maximal auf das doppelte der ursprünglichen Verjährungszeit.
Lange herrschte allgemein die Meinung vor, dass im Falle des „K.O.M.I.T.E.E.” die normale Verjährung nach 10 Jahren und die sogenannte absolute Verjährung folglich nach maximal 20 Jahren eintreten werde. Dies ergab sich aus dem Tatvorwurf „Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens” (§ 311b, 1994 gültige Fassung des StGB) bzw. „Mitgliedschaft in terroristischer Vereinigung” (§ 129a StGB) sowie aus Äußerungen der Bundesanwaltschaft.
Die Bundesanwaltschaft hat sich aber zwischenzeitlich etwas einfallen lassen, um die Verjährungszeit auszudehnen. Sie beruft sich dabei auf § 30 StGB, der besagt, dass die Verabredung zu einem Verbrechen genauso bestraft werden soll wie der Versuch der Tat – und der Versuch kann genauso bestraft werden wie die Tat selbst -, und auf § 311 StGB (in der 1994 gültigen Fassung „Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion”), der eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren erlaubt. Da die reguläre Verjährungszeit für diesen Tatvorwurf 20 Jahren beträgt, würde dann bei Ausnutzung aller Möglichkeiten der Unterbrechung die absolute Verjährung in Deutschland erst nach 40 Jahren eintreten – also im schlimmsten Fall 2035.
Es ist durchaus fraglich, ob die Bundesanwaltschaft in einem Gerichtsprozess mit dieser Haltung durchkommen könnte. Sehr gut möglich ist, dass ein Gericht es ganz anders sieht. Doch die Frage, wann die Vorwürfe tatsächlich verjährt sind, würde erst ein rechtskräftiges Urteil sicher beantworten. Solange das nicht erfolgt ist, können Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt sich auf die von ihnen vermutete Verjährungszeit berufen und die Verfolgung der drei Gesuchten erst einmal fortsetzen – leider noch viele Jahre lang.
Es wird also vorerst nichts aus einer großen Wiedersehensparty im April 2015.
Wir wünschen Thomas und Peter alles Gute in der Ferne – und Bernhard, dass das Gericht in Venezuela bald die längst überfällige Freilassung anordnet!